Richtcharakteristik von Mikrofonen - das richtige Mikrofon wählen - Richtcharakteristiken erklärt
Von Kugel über Niere bis Keule - Richtcharakteristik von Mikrofonen
Grundsätzlich werden Richtcharakteristiken in sogenannten Polardiagrammen dargestellt. Diese Diagramme zeigen den Einfallswinkel des Schalls und die aufgenommene Lautstärke. Diese Polardiagramme gibt es manchmal auch in verschiedenen Farben, um die Lautstärke der verschiedenen Frequenzen darzustellen.
Ein Mikrofon mit Kugelcharakteristik ist sehr einfach zu beschreiben, da die Mikrofonkapsel so gebaut ist, dass sie von jeder Richtung den Schall gleich laut aufnimmt. Egal ob man das Mikrofon von der Seite, von vorne oder von der Seite bespricht. Es hat also keine Richtwirkung und kann Schall aus allen Richtungen aufnehmen. Es gibt von keiner Seite einen Frequenzbereich, der abfällt, also ergibt sich im Polardiagramm ein Kreis.
Das Gegenteil zur Kugelcharakteristik ist eine Keulencharakteristik. Diese hat die größte Richtwirkung. Wie man am Polardiagramm erkennen kann, ist es hier möglich, Geräusche von der Seite sehr stark abgeschwächt aufzunehmen. Diese wird in sogenannten Tonangeln genutzt, da diese immer auf die Schauspieler*innen gerichtet sind und man den weiteren Schall nicht aufzeichnen möchte. Durch die Bauform und physikalische Gesetze ist es allerdings nicht möglich, die Sensibilität an den Seiten und nach hinten auszuschließen. Dadurch entsteht die interessante From im Diagramm.
Richtcharakteristik für dein Mikrofon: So findest du die passende für dich.
Damit du herausfinden kannst, was für dich am besten passt, musst du deinen Anwendungszweck definieren. Im folgenden versuchen wir dir zu helfen, was am besten zu dir passt:
Sprache und Gesang (Im Studio)
Für Studioaufnahmen für Sprache und Gesang eignet sich ein Mikrofon mit Nierencharakteristik am besten. Warum? Weil das Mikrofon leicht auf die Schallquelle gerichtet ist und der Schall von hinten (Diffusschall aus dem Raum – oder auch Raumanteil) nicht aufgenommen wird. In guten Studios kann man allerdings auch eine Kugelcharakteristik nutzen, da gute Aufnahmeräume durch Akustikmaterial Diffusschall absorbieren können. Man hat also eine sehr leise und kontrollierte Aufnahmesituation und die Kapsel des Mikros braucht nicht gerichtet zu sein.
Sprache und Gesang (Auf einer Bühne)
Auch wenn die Art der Schallquelle anders ist, kann man in dieser Situation eine andere Charakteristik des Mikrofons nutzen. Eine breite Niere oder eine Kugel kann in manchen Live Situationen zu wenig Diffusschall ausblenden und ist somit ungeeignet. Supernieren und Nieren sind in der Regel in Bühnensituationen zu finden. Achtung bei der Superniere : Richte das Mikrofon nicht direkt auf die Monitor Speaker, dann das Mikrofon nimmt von vorne und hinten auf. Es blendet lediglich die Seiten mehr aus. Es kann zu Feedback kommen (Rückkopplungsanfällig)
Sprache (in einer lauten Umgebung)
Eine Hyperniere sollte man allerdings nicht seitlich besprechen. Achte darauf, dass die Empfindlichkeit von vorne am höchsten ist. Es ist besonders wichtig, dass das Mikrofon auf die Schallquelle gerichtet ist. Eine Kugel ist hier eher ungeeignet.
Instrumente
Für instrumentale Aufnahmen kann man unterschiedliche Richtcharakteristiken nutzen. Vor- oder Nachteile gibt es bei allen Charakteristiken, jedoch ist eine Aufnahme von Intrumenten mit einem Maße Kreativität verbunden, dass Mikrofone mit verschiedenen Charakteristiken und unterschiedlichem Wandlerprinzip angewandt werden können. Ein klassisches Kugel oder Nierenmikrofon als Groß oder Kleinmembranmikrofon mit einer Kondensatorkapsel eignet sich in der Regel gut für die meisten Instrumente.
Auf die besten Arten von Mikrofonen für jedes Instrument einzugehen, würde hier den Rahmen dieses Blogartikels sprengen
Statische Aufnahmen
Gerade statische Aufnahmen wie z.B. Atmos oder Ambience Aufnahmen eigenen sich Stereo aufnahmen am besten. Man muss sich also immer entscheiden, welche Stereophonie man nutzen möchte, also mit welchem Aufnahmewinkel man arbeitet. Die Acht und Kugel können sich hier anbieten, da man gewisse Bereiche vollständig aufnehmen möchte. Zwei Nierenmikrofone, die in eine Unterschiedliche Richtung zeigen sind ebenfalls eine klassische Art von Stereophonie.
Mikrofon mit Nierencharakteristik - ein Allrounder?
Das typische Gesangsmikrofon oder Podcast Mikrofon hat die Charakteristik Niere, im englischen „cardioid“. Aber heißt das, dass diese akustisch am besten sind? Nein, absolut nicht! Diese Art von Mikrofonen ist weit verbreitet, da man sie für viele Situationen einsetzen kann, in diesem Sinne sind sie schon eine gute Wahl, wenn man mal eine Gitarre, dann eine Stimme aufnehmen will. Allerdings heisst das nicht, dass man für alle Aufnahmesituationen ein Mikrofon mit Nierencharakteristik wählen sollte.
Der Nahbesprechungseffekt
Bei jeder Richtcharakteristik außer bei der Achercharakteristik und der Kugelcharakteristik entsteht ein sogenannter Nahbesprechungseffekt. Dieser tritt aufgrund von physischen Laufzeitunterschieden auf, für eine detaillierte Beschreibung check mal diesen Artikel von Shure zum Nahbesprechungseffekt. Kurz gesagt: Je näher du das Mikrofon von vorne besprichst, desto bassiger klingst du. Auch das ist wiederum abhängig von der Richtcharakteristik eines Mikrofons. Je gerichteter das Mikrofon, desto stärker wird der Nahbesprechungseffekt. Zudem ist dieser Effekt ebenfalls etwas stärker bei einem Großmembran Mirkofon.
Super- und Hyperniere wenn's lauter wird!
Du möchtest in einem Sturm (Windschutz nicht vergessen!) oder an einer Autobahn eine Tonaufnahme machen? Dann solltest du dir ein Mikrofon suchen, das unempfindlich auf Außengeräusche reagiert. Super und Hypernieren schaffen das, da sie hauptsächlich Schall von vorne aufnehmen. Wenn man es frontal Bespricht, dann sind unerwünschte Geräusche stark ausgeblendet. Das ist auch der Grund dafür, warum sie im TV und Filmbereich immer eingesetzt werden: Man möchte immer den Dialog so sauber wie möglich haben. So kann man hier gut auf eine Supernierencharakteristik oder Kugelcharakteristik setzen.
Fazit: Die Richtcharakteristiken sollten zu deiner Aufnahmesituation passen.
Generell gilt: Je lauter die Umgebung, desto gerichteter das Mikrofon. In kontrollierten Aufnahmesituationen kann deine Richtcharakteristik eher in die Richtung der Kugel oder Niere gehen, in anderen Situationen bis maximal zur Richtcharakteristik Keule. Die Richtcharakteristik gibt also kurz gesagt die Empfindlichkeit eines Mikrofons von verschiedenen Aufnahmerichtungen an.
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